Lebensgeschichte von Maxi

Lebensgeschichte geschrieben von Maxi
Ich habe hier auf der Seite in letzter Zeit oft gelesen.
Ja und irgendwie dachte ich mir, ich möchte nun hier meine Suchtgeschichte öffentlich schreiben.


Meine Suchtgeschichte,

Das erste mal Alkohol trank ich im Alter von 10 Jahren. Es war ein kurzer Kümmerling aus dem Weinkeller des Vaters.
Die Zeit in der ich das erste mal zum Alkohol griff war eine sehr schwere Zeit.
Ich stand enorm unter Druck ich sollte es wie meine Geschwister aufs Gymnasium schaffen. Mein Weg war vorgeplant von meinen Eltern.
Zu dem Schuldruck war ich täglicher emotionaler und körperlicher Gewalt durch meine Eltern ausgesetzt (was ich vom Kleinkindalter an schon kannte).
Ca. ein Jahr zuvor hatte ich eine meiner für mich wichtigsten Vertrauenspersonen, meine Oma, durch ihren Tod verloren.
Einen Freundeskreis gab es nicht (Ich war Außenseiter in der Klasse).
Das einzige woran ich Freude im Leben hatte war mein Sport, das Reiten und Hockey spielen.

Der Alkohol fing an sich in mein Leben einzuschleichen. Immer wieder, am Anfang einmal im Monat, ging ich in den Keller holte mir ein zwei Kurze da raus.
Mir ging es besser, ich war fröhlicher und mein Schmerz ließ sich besser ertragen.
Meine Eltern versuchten nicht den Konsum zu verhindern, Hauptsache nach außen hin waren wir weiter die heile perfekte Familie.

Ein Jahr nach meinem ersten Konsum wurde es mehr, ich war inzwischen auf dem Gymnasium gescheitert (war dort von Eltern gegen Rat der Lehre angemeldet worden).
Dass ihre Tochter nun die Realschule besuchte passte so gar nicht ins Bild und in die Planung der Eltern. Immer wieder durfte ich mir anhören, was ich für ein Versager wäre, das ich es so nie zu etwas im Leben bringen würde. Unabhängig davon gab es weiter emotionale und körperliche Gewalt.

In der Realschule fing das heftige Mobbing an, ich kam überhaupt nicht an in der Klasse war der Streber und Lehres Liebling. Vormittags Gewalt in der Schule und nachmittags zu Hause.
Immer öfter flüchtete ich mich in den Alkoholkonsum. Gefühle Gedanken betauben, Realität ausschalten und besser ertragen können
(Mein Konsum 1-2 mal die Woche ein paar Kurze).
Manchmal trank ich auch schon einen vor der Schule, weil diese sich dann besser aushalten ließ.

Dieser Konsum hielt bis zu meinem 14 Lebensjahr so an.
Inzwischen war ich seelisch ziemlich fertig. Mein selbstverletzendes Verhalten was mit 8 Jahren begonnen hatte war inzwischen fast täglich, meine Essstörung stark ausgeprägt dazu kamen Dissoziation (damals wusste ich es nicht es, waren für mich einfach Zeiten und Momente die im Tag verschwunden waren).
Dann kam der Verlust meiner letzten Vertrauensperson, die einzige mit der ich reden konnte, die für mich da war indem sie zuhörte, mich versuchte abzulenken und mir schöne Momente zu schenken.
Meine 2. Oma starb.
Kurz nach Ihrem Tod fing ich an Wodka zu trinken mit einer Flasche kam ich ein paar Tage hin.

Dann kam der Zeitpunkt, der der Anfang für viel Veränderung war.
Ich hielt es nicht mehr aus ja ich dachte an Suizid und unternahm auch einen Versuch mit Tabletten der im Krankenhaus endete.
Nach meiner Entlassung (auf Wunsch, beziehungsweise Drängen der Eltern nicht die Verlegung in die Psychiatrie) bekam ich eine ambulante Therapeutin.
Mit Ihr redete ich über Schulschwierigkeiten, ich war noch nicht bereit über das, was in Familie lief zu reden.
Meinen Alkoholkonsum, weiterhin Wodka, verschwieg ich auch.

Ein Jahr später reagierte die Kinderklinik, in der ich inzwischen nach noch 2 weiteren Suizidversuchen gelandet war.
Dem Wunsch der Eltern nach Entlassung und ambulanter Therapie wurde nicht stattgegeben.
Gegen den Willen meiner Eltern auf ärztlichen Rat und mit Hilfe des Jugendamtes wurde ich für lange Zeit stationär in die Kinder und Jugendpsychiatrie aufgenommen.

Danach ging es für mich in eine Wohngruppe weit weg vom Heimatort.

Leider schaffte ich es nicht lang auf den Alkohol zu verzichten. Einsamkeit, Angst, Unsicherheit, Zweifel ob ich auf dem richtigen Weg bin, neue Leute denen ich vertrauen sollte, neue Stadt, neue Lebensform... alles überforderte mich, brachte mich an meine Grenzen.
Mein Hilfsmittel mein Freund der Alkohol. Wieder Wodka mehrere Flaschen über die Woche verteilt.

Die Betreuer reagierten irgendwann mit dem Rauschmiss aus der Maßnahme, das einzige was mir blieb war eine Langzeitherapie auf einer Therapiestation für Borderline-Patienten.

Danach neue Unterbringung in einem Betreuten Wohnen (ganz kleiner Betreuungsrahmen,2 zu Betreuende die mit im ganz normalen Familienalltag und mit im Haus der Betreuerin leben). Dort blieb ich 2 Jahre.

Meine Borderline Störung bekam ich gut in den Griff in der Zeit (mit den Symptomen kann ich so bis heute gut leben)

Beim Alkohol scheiterte ich mal wieder, regelmäßiger Konsum. Oft aus Einsamkeit, oft weil ich mit den seelischen Wunden des Traumas keinen Umgang fand (Flashbacks und Dissoziationen) und Scheitern an dem Versuch ein Schulabschluss nachzuholen

Danach ging es in die eigene Wohnung. Mehrere Versuche den Schulabschluss nachzuholen, mehrere Praktika, doch meine Panik, meine Ängste (und kaum belastungsfähig) zwangen mich immer wieder aufzugeben. Und ja auch mein inzwischen täglich eine Flasche Wodka Konsum trug dazu bei.

Im Sommer vor drei Jahren wurde mir klar, so geht es nicht weiter. Ich bat meine Betreuer um Hilfe, sprach ganz offen und ehrlich darüber wie viel ich trank. Sie begleiteten mich beim ersten Kontakt zu einer Suchtberatung (allein wäre ich da wahrscheinlich nie angekommen).
Ich begann dort mit regelmäßigen Gesprächen und schnell wurde klar, wenn, kommt für mich nur eine stationäre Langzeittherapie in Frage.

Mir wurde eine Klinik empfohlen, die sowohl Sucht als auch Trauma-Therapie anbietet.
Kurz vor dem Klinikaufenthalt mehrtägige Entgiftung.

Die erste Therapie schaffte ich nicht, ich wurde immer wieder rückfällig, ich kam auf mich und meine Umwelt so überhaupt nicht klar. Wie sagte mir die Therapeutin immer: „Sie müssen komplett neu leben lernen, sich und ihre Umwelt komplett neu kennen lernen, meiste Zeit Ihres Lebens haben sie nur mit Suchtmitteln gelebt.“

Durch den Abbruch der Therapie von Seiten der Klinik gab es dafür mich auch keine Nachsorgemöglichkeit.

Ich stand wieder nur da mit meinen Betreuern und war von der Klinik mit Mitte 20 als arbeitsunfähig entlassen worden.

Es dauerte nicht lange bis der Alkohol wieder ein festen Platz in meinem Leben einnahm. Ich fühlte mich als Totalversager, einsam allein und gescheitert am Leben, völlig perspektivlos und nutzlos.

Zum Glück meldete sich meine ex Suchtberatungsstelle noch mal nach mehreren Monaten bei mir und schlug mir vor nochmals in die Klinik zu gehen (Langzeit Sucht und Trauma). Die Klinik würde mich noch mal nehmen und ich hatte Glück, ein erneuter Antrag wurde bewilligt.

Den zweiten Klinikaufenthalt konnte ich voll nutzen, kein Rückfall und der Beginn meiner bis heute anhaltenden Abstinenz was nun schon 1 Jahr und ein paar Monate ist.

Nach der Klink machte ich eine ambulante Nachsorge mit Gruppen und Einzeltherapie, ging und gehe bis heute 1mal die Woche zu meiner Selbsthilfegruppe und mache eine ambulante Traumatherapie. Meine Betreuer unterstützen mich weiterhin in meinem Leben in der eigenen Wohnung.

Noch bin ich auch weiter arbeitsunfähig geschrieben aber es sieht gut aus, dass irgendwann auch das aufgehoben werden kann.

Ich habe lange nicht an mich geglaubt und daran das ich den Absprung schaffe und auch heute gibt es schwierige Momente aber ich habe so viel geschafft und das mache ich mir immer wieder deutlich.
Mein Weg hat mir gezeigt: egal wie, man kann den Weg schaffen.

Ich möchte auch anderen Mut machen am Ball zu bleiben, nicht aufzugeben wenn die ersten Therapien nicht funktionieren stark zu bleiben und für sich zu kämpfen. Es lohnt sich.

Puh, nun höre ich mal auf (hoffe das war nicht zu viel).

Gruß Maxi